Winter, Freitagnacht – Ich betrat den Club. Ich hatte ihn mir ausgesucht, weil die „Über“-Seite sich in Beschreibungen erging, wie er seit seiner Eröffnung 1991 Nacht für Nacht Geschichte schrieb und eine Vision für die Zukunft darstellte. Trotz der unerschütterlichen Neigung der Szene zur Farbe Schwarz war ich frevelhaft farbenfroh gekleidet. Der Club war nur ein Portal, ich war hier, um zu reisen.
Ich streifte meine Jacke ab, als ich in Techno eintrat: Die langen tunnelartigen Gänge – ein akustischer Übergang zum Herzen des Gebäudes, aber ich schweife ab, betrete eine Toilettenkabine. Ich schließe die Tür, nur um sie gleich wieder zu öffnen. Ich trete hinaus und bin in AmaSoñar, es ist der 07.09.2349, Guillerrrrmo spielt und es ist ein heißer, feuchter Tag. Sie spielt ihr Set unter einem Dach, geschützt vor der prallen Sonne. Ihr Set klingt, wie sie sich bewegt. Hochmusikalisch, unendlich tanzbar.
mellowdramatics weist mir hier den Weg und unterhält mich mit Geschichten über die Oyitos, Kupes, Watans und Equis aus anderen Tropen.
Der Tag wird zur Nacht wird zum Tag. Es ist 7 Uhr morgens und taghell. Ich trete in einen nahegelegenen Schuppen und verlasse ihn in TekNyahururu, 12.12.2349. Makossiri spielt im Sonnenlicht. Ändern sich die Zeiten in den Ewig-Sommern (oder sind sie tropisch)? Die heiß-feuchte Luft schlägt mir entgegen, während ich ihr zuhöre. Laut vor dem herabstürzenden Wasser, ihre Schläge und ihr Rhythmus unerbittlich wie der Wasserfall hinter ihr. Zwischen den Soursop-Longdrinks ist Chooc Ly mein Guide durch die Party. Sie unterhält mich mit Geschichten aus anderen Tropen.
Der Tag wird zur Nacht wird zum Tag. Es ist 7 Uhr morgens und taghell. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Durch dichtes Laub tauche ich ein in einen Garten. Bin jetzt in Geomanta, 15.08.2531. Der immer noch heiße und feuchte Weihrauch liegt in der Luft, Kaleeekarmas Set ist die Beruhigung, die ich brauche, während die Party weitergeht. Das Set bringt meinen Körper und seine Umgebung ins Gleichgewicht. Reibungslos inmitten der Leichtigkeit des späten Nachmittags. Nadi spielt den Guide und unterhält mich mit Geschichten darüber, wie in ihren Tropen Flüsse zu Meeren wurden.
Der Tag wird zur Nacht wird zum Tag. Es ist 7 Uhr morgens und taghell. Ich gehe ins Haus und aus der Kabine heraus. Wieder trete ich in die langen tunnelartigen Gänge, weg vom Techno, und hebe meine Jacke auf. Es ist 7 Uhr morgens und es ist Nacht.
Ich schritt tief in den Winter hinein, in eine Morgen-Nacht, erwartend, was die Zukunft bringen wird.
Diese Online-Veröffentlichung von Kent Chan ist entstanden in Zusammenhang mit seiner Ausstellung wherenow foreversummers in den Posterrahmen der GAK.
„Re-Framing“ wird ermöglicht mit freundlicher Unterstützung von Kultur.Gemeinschaften, dem gemeinsamen Förderprogramm für digitale Content-Produktion in Kultureinrichtungen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung der Länder.