Der Videokunst Förderpreis des Filmbüro Bremen ermöglicht alle zwei Jahre die Realisierung von neuen Videokunstprojekten. 2019/2020 wurde der Preis an Branka Čolić, Jens Pecho und Isabell Spengler verliehen, juriert von Katrin Mundt (Kuratorin, EMAF, Osnabrück), Nadja Quante (Kuratorin, Künstlerhaus Bremen) und Paul Wiersbinski (Künstler). Die diesjährige Präsentation der drei Neuproduktionen findet im Zeitraum 24. April – 27. Juni 2021 in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst statt.
Branka Čolić veröffentlichte vom 27. März bis zum 26. April täglich ein Video auf ihrem YouTube-Kanal brankart, in dem sie sich Fragen zum Selbstverständnis und zur Selbstoptimierung als Künstler*in stellt. Nach Beginn der Ausstellungslaufzeit werden neue Videos ca. im Zweiwochentakt auf brankart abrufbar sein.
Neben dem Videoblog hat Čolić eine Arbeit im Innen- und Außenraum (Wandvitrinen) der GAK realisiert: Ausgehend von den täglich zur Selbstliebe und Achtsamkeit mahnenden Teebeutel-Weisheiten, wie sie etwa die Marke Yogi-Tee anbietet, präsentiert Čolić Sinnsprüche der etwas anderen Art – im Spannungsverhältnis zwischen Notwendigkeit und Kommerzialisierung von Self-Care und Arbeitsmoral.
Jens Pecho verbindet in seiner mehrteiligen Arbeit Video, Sound und skulpturale Elemente zu einer komplexen Raumerfahrung zwischen Sakralraum und Einkaufszentrum. Die diesen Orten innewohnenden Versprechungen – Erlösung und Konsum – werden aufgerufen und zugleich enttäuscht. Im Videoessay Aah, Awe and Ugh (2021) verhandelt Pecho die historischen Bedeutungsverschiebungen der Begriffe „awful“ und „awesome“ und stellt damit „awe“, die Ehrfurcht vor dem Erhabenen, zur Disposition. Über den Ausstellungsraum verteilt finden sich Objekte der Serie Throw Away, Do Not Eat (2021): Sitzkissen, die überlebensgroßen Silica-Trockenmittelsäckchen nachempfunden sind. Sie verleihen dem Ausstellungsraum den Charakter einer Warenpräsentation, in der die Kunst zum Produkt wird.
Isabell Spenglers Videoinstallation Voice Elevator entstand in Zusammenarbeit mit dem Komponisten und Performer Neo Hülcker. Mit Mitteln des Strukturellen Films und Verfahren queerer Abstraktion werden Konventionen des narrativen Kinos sowie des psychologischen Filmschauspiels untersucht und hinterfragt. Die hochformatige Videoprojektion zeigt Szenen von Fahrstuhlfahrten: Eine musikalische Komposition und ein Dialog für eine Stimme im Stimmbruch erkunden Momente einer Gendertransition. Im Spiel mit den Konzepten „Statuswippe“ und „Elevator Pitch“ wird die genderpolitische Konnotation der Stimmhöhe thematisiert und in ihrer allgemeinen Wirkung hinsichtlich Autorität und Status performativ erprobt. Die Grenzen zwischen Schauspiel und Alltag, zwischen Intimität und Gesellschaftsanalyse verschwimmen.
Zu den Künstler*innen:
Branka Čolić
Deutsche Kroatin oder hier geborene Tochter jugoslawischer Einwanderer*innen, kennt die nicht abgeschlossenen und doch geheimen Räumlichkeiten der Performancekunst ebenso wie jene der Popkultur – von innen. Die Sprache ist das bevorzugte künstlerische Material. Branka schreibt, singt, performt, dreht Filme und hat einen YouTube Kanal.
Jens Pecho
Ausstellungen (Auswahl): Museum Kunstpalast, Düsseldorf (2020); Kunsthalle Osnabrück (2019); Bangkok Biennale (2018); Kunsthalle Düsseldorf (2016); Herzliya Museum of Contemporary Art (2015); Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain (2011); Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (2010).
Filmfestivals (Auswahl): Rencontres Internationales Paris/Berlin (2021); Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (2009, 2011, 2018, 2019, 2020); Message to Man, International Film Festival, Sankt Petersburg (2018, 2020); Filmfest Dresden, International Short Film Festival (2019).
Isabell Spengler
Ausstellungen (Auswahl): Echo Chamber, LAMOA Museum of Art, Los Angeles/US (2017); Two Days at the Falls, Trinity Square Video Gallery, Toronto/KN (2015); Museum of Modern and Contemporary Art, Seoul/KR (2015); Cine Esquema Novo Festival, Porto Alegre/BR (2014); Living Fictions, Image Movement, Sprüth Magers Galerie, Berlin (2010); Transmediale.10, Haus der Kulturen der Welt, Berlin (2010).
Filmfestivals (Auswahl): 44. Festival Nouveau Cinéma, Montreal/KN (2015), MIX New York Film Festival/US (2015); Berlinale (2012, 2010, 2009, 2007); Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (2010, 2009, 2007, 2006, 1998).
Kuratiert von Sarah Maria Kaiser und Anne Storm
In Kooperation mit dem Filmbüro Bremen
Auftakt
Sa, 27.03. – Fr, 23.04.2021
Branka Čolić: brankart
Täglicher Videoblogeintrag auf YouTube
> brankart
Veranstaltungen
Do, 27.05.21, 19 Uhr
Jens Pecho und Vanessa Joan Müller (Kunsthistorikerin, Kuratorin, Autorin)
Online Artist Talk
Do, 03.06.21, 19 Uhr
Isabell Spengler, Neo Hülcker (Komponist*-Performer*) und Bettina Steinbrügge (Direktorin, Kunstverein in Hamburg)
Online Artist Talk
Do, 10.06.21, 19 Uhr
Branka Čolić: Gib dem Affen Zucker
Performance und Real Talk – Q&A mit brankart
Bitte beachten Sie:
Aufgrund der aktuellen Situation werden genauere Veranstaltungsinformationen kurzfristig über die digitalen Kanäle bekanntgegeben.
Förderung
Der Senator für Kultur der Freien Hansestadt Bremen, Waldemar Koch Stiftung Bremen, Filmbüro Bremen
Jens Pecho erhielt das Künstler:innenstipendium NEUSTART KULTUR der Stiftung Kunstfonds.
Isabell Spengler wurde gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
Besonderer Dank an:
Filmbüro Bremen, Kunsthalle Bremen, Lukas Zerbst und Teresa Linke