Mit den beiden zeitgleich stattfindenden Einzelausstellungen von Sarah Ortmeyer und Florian Hüttner präsentiert die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst zwei ausdrücklich unterschiedlich arbeitende, künstlerische Positionen.
Sarah Ortmeyer isoliert aus historischen Fakten Personen und Situationen und re-kombiniert sie auf eine Weise, wie diese eigentlich nicht zusammen gedacht werden. Historisch Verbürgtes bildet somit die Grundlage für ein subjektives Denken und eine fiktionale Erweiterung in die Gegenwart hinein. Ihre Filme, Installationen, Wandarbeiten und Objekte bereichern unseren Umgang mit dem Faktischen, indem sie elegant und assoziativ gleichermaßen das Potential und den Zauber offenbaren, die in dem verborgen sind, was wir als gesichert anzunehmen gewohnt sind. Ortmeyer legt Schichten und Verbindungen hinter den neutralen Informationen frei, die uns zwar vertraut sind, aber in den seltensten Fällen tatsächlich berühren. Ihre Arbeiten filtern aus der Geschichtsschreibung das Subversionspotential hinter den historischen Fakten heraus.
Ausgangspunkt der Ausstellung „Navy Royal“ in den Räumen der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen ist der deutsche Matrosenaufstand von 1918. Damit lehnt sich „Navy Royal“ an die Lage der GAK auf der Teerhofinsel mitten im Fluss sowie an die Geschichte Bremens als alte Schifffahrtsstadt an, ohne direkt ortsspezifisch zu sein. Ortmeyer treibt vielmehr ein generelles Interesse an dieser historischen Begebenheit an, die den Beginn der Novemberrevolution und damit das Ende der Monarchie in Deutschland einleitete. Die in die Ausstellung integrierten Arbeiten formulieren unterschiedliche Aspekte des Geschehens und ziehen Spuren bis in die Gegenwart, wenn sie die Bedeutung monarchischer Strukturen oder die Verbreitung von Matrosenelementen in der Mode heute untersuchen. Ein Stockanker, der auf einem vorgefundenen Riss im Boden platziert wird; ein in ungewohntem Rot geschneidertes Modell einer historischen Matrosenuniform; Gewehrpyramiden, die zwischen Krieg und Spiel angesiedelt sind; ein Film, der einen sinkenden Dreimaster aus dem Wasser wieder auferstehen lässt und so aus einem „Untergang“ einen „Aufstand“ entwickelt; rote Kordeln mit Seemannsknoten und Messingständern, die Erinnerungen zwischen rotem Teppich und Schiffstauen evozieren; Beispiele der aktuellen Modekollektion von Chanel oder Bildrecherchen zur Verbreitung der Matrosenkleidung bei Kindern um 1910 und zum Glamourleben der Monarchen in den Boulevard-Zeitschriften der Gegenwart – „Navy Royal“ entwirft mit seinen vielfältigen Elementen ein assoziativ verbundenes Gesamtbild, das Fragen nach Freiheit, Widerstand, Macht, Neubeginn, Individualität und Sehnsucht stellt.
Sarah Ortmeyer wurde 1980 in Frankfurt/Main geboren und hat an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach sowie bei Wolfgang Tillmans und Simon Starling an der Städelschule in Frankfurt/Main studiert. Sie lebt in Wien.
Kuratiert von
Janneke de Vries
Veranstaltungen
Fr 26.02.10, 19 Uhr
Eröffnung
Do 04.03.10, 19 Uhr
Führung mit Janneke de Vries
Do 11.03.10, 19 Uhr
Kenneth Anger: Fireworks
Bavo Defurne: Matroos
Filmabend
Do 25.03.10, 19 Uhr
Führung mit Janneke de Vries
Do 01.04.2010, 19 Uhr
Christian Haake und Janneke de Vries: On Sailor Men
Musik- und Leseabend
Do 22.04.10, 19 Uhr
Führung mit Carla Habel
Do 29.04.10, 19 Uhr
Susanne Leeb: Geschichte als Material in der Kunst der Gegenwart
Vortrag
Do 06.05.10, 19 Uhr
Führung mit Imke Itzen
Förderung
Der Senator für Kultur, Freie Hansestadt Bremen, Waldemar Koch Stiftung.