GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen und der Kunstverein Langenhagen sind mit einem gemeinsamen Stand auf dem Kunstfrühling 2011 vertreten. Als Kunstvereine verfolgen beide Institutionen ähnliche Programmatiken: Beide Häuser präsentieren nicht nur internationale, zeitgenössische Kunst – sie sind auch Produktionsorte, indem sie Mittel für die Entstehung neuer, künstlerischer Arbeiten bereitstellen und durch aktive kuratorische Betreuung begleiten. Dabei entwickeln sich eine große Anzahl der Produktionen in Auseinandersetzung mit den lokalen Gegebenheiten. Beide Häuser verstehen sich darüber hinaus als Foren zur Entwicklung richtungsweisender Positionen zeitgenössischer Kunst. Schwerpunkte liegen auf jungen, z.T. noch nicht etablierten, internationalen künstlerischen Positionen und der Förderung des künstlerischen Nachwuchses. Und schließlich bieten beide Häuser durch eine Reihe vielfältiger Begleitveranstaltungen differenzierte Vermittlungsangebote für eine breite Öffentlichkeit an und verhandeln im Dialog mit dem Publikum die sich beständig ändernden Vorstellungen von Kunst. Programmatisch für diesen prozessorientierten Ansatz ist der Stand nicht mit Artefakten ausgestattet. Vielmehr bieten die künstlerischen Arbeiten Einblick in Prozesse der Entstehung, Rezeption und Wirkung von künstlerischer Arbeit heute.
Susanne Bollenhagen: Vier Beispiele aus dem Archiv gescheiterter Projekte, 2011
Susanne Bollenhagen (*1959) ist Malerin und als solche eine feste Größe der kulturellen Szene Bremens. Weniger bekannt sind ihre Texte als wesentlicher Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit. Für den Kunstfrühling hat sie den Bereich der gemalten Darstellung verlassen und den der gesprochenen Bilder betreten. In vier Kurzgeschichtsszenarien entwickelt sie Ideen für eine fiktive Einzelausstellung in den Gleishallen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert werden können: Da gibt es den Wunsch, den gesamten Himalaya in die großrahmige Architektur einzupassen, die berühmteste Briefmarke der Welt, die Blaue Mauritius, zu zeigen, einen Elefanten einzufliegen oder das Altarretabel der Wiesenkirche in Soest (von 1260) zu präsentieren. Als Audioarbeit lassen Bollenhagens Impressionen innere Bilder entstehen, die einen vergnüglichen Einblick in die kreativen Entstehungsprozesse einer Ausstellungsidee geben. Darüber hinaus machen sie sich unabhängig von ihrem Präsentationsort und lenken das Augenmerk inmitten des Ausstellungsgeschehens des Kunstfrühlings auf die architektonischen Besonderheiten der Gleishalle.
5533: Neighbors 1, 2008; Neighbors 2, 2009
5533 wurde 2008 als ein unabhängiger Kunstraum in Istanbul eröffnet, der nicht nur Ausstellungsort war, sondern auch über eine Bibliothek, ein Archiv für Künstlerprojekte und Abteilungen für Neue Medien und Klangkunst verfügte. In einem alten Laden in einem Geschäftszentrum organisierten die drei Betreiber*innen Nancy Atakan, Volkan Aslan und Marcus Graf Künstler*innengespräche, Videovorführungen, Performances, Workshops, Diskussionsrunden sowie Lesungen: 5533 bot einen interaktiven Raum für künstlerische Praktiken und Begriffe. Für die Videoarbeit befragten 5533 ihre Nachbar*innen nach ihrer Meinung zur Istanbul Biennale sowie zur Nachbarschaft mit einem Raum für zeitgenössische Kunst.
Wolfgang Plöger: Interviews, fortlaufende Arbeiten seit 2004
Im Winter 2009/10 präsentierte das Künstlerhaus Bremen die erste institutionelle Einzelausstellung des in Berlin lebenden Künstlers Wolfgang Plöger (*1969). Im Februar 2011 folgte die Ausstellung „Delay“ im Kunstverein Langenhagen. Bei der Textarbeit Interviews handelt es sich um fingierte Dialoge. Plöger entwirft Gesprächspartner*innen, mit denen er seine Arbeiten diskutiert: Kunstkritiker*innen, Ausstellungsmacher*innen, Journalist*innen und Künstlerfreund*innen treten als Gegenüber auf, nehmen Bezug auf z.T. noch nicht entstandene Arbeiten, entwerfen sie und diskutieren das Für und Wider der Umsetzung, die Möglichkeiten der Interpretation, sowie der Einordnung in das weite Feld der Kunst. Neben der Möglichkeit unterschiedliche Argumente durchzuspielen und den Stimmen im eigenen Kopf eine Gestalt zu geben, sind die Interviews augenzwinkernde Selbstbefragung des Künstlers und Persiflage auf das weit verbreitete Format des Künstlerinterviews. Die gezeigten Arbeiten sind fingierte Interviews mit Willoughby Sharp (1936-2008), Künstler, Kurator, Galerist und Mitbegründer und Herausgeber des Avalanche Magazine und Henry Roberts, Wolfgang Plögers Alter Ego.
Inka Nowoitnick: Heimliche Übernahme, 2010
Die auf dem Kunstfrühling präsentierte Arbeit Heimliche Übernahme steht für Inka Nowoitnicks (*1969) Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Alltagskultur und Kunst im öffentlichen Raum. Die Wunschmaschine der Braunschweiger Künstlerin schleicht sich als Automat in kommerzialisierte öffentliche Zonen und Ausstellungsevents ein. Dementsprechend ist Heimliche Übernahme bei dem Kunstfrühling in direkter Nachbarschaft des Cafés platziert. Elektrischen Opferlichtständern nachempfunden, eröffnet der Automat einen imaginativen und handfesten Raum für Aneignungen durch die Besucher*innen: hier finden (heimliche) Wünsche und Opfergaben den rechten Ort. Die viel beschworene Interaktivität hört im Falle von Heimliche Übernahme nicht beim Knöpfchendrücken auf.
5533
Susanne Bollenhagen
Inka Nowoitnick
Wolfgang Plöger
Beteiligung der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst am 7. Bremer Kunstfrühling
Ort: Gleishalle am Güterbahnhof, Bremen
In Kooperation mit dem Kunstverein Langenhagen
Veranstaltungen
Do 05.05.11 19 Uhr
Eröffnung