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Till Krause

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2024

Ein Fundstück nennt Till Krause die fünf Blätter, die er in Bullenhausen, einem Dorf in der Nähe Harburgs, aus einem Sperrmüllhaufen zog und die seiner Edition zugrunde liegen. Auf den Blättern findet sich ein Text mit der Überschrift „Abschrift nach den Papieren meiner Urgroßmutter Natalie Liebknecht. Ein vergessener Abschnitt aus William Morris’ KUNDE VON NIRGENDWO“.

Krause versucht den Ursprung des Textes zu rekonstruieren: Über Natalie Liebknecht (1835–1909) ist im Netz wenig zu finden. Ihr Leben war eng mit der frühen sozialistischen Bewegung des 19. Jahrhunderts verbunden. Zusammen mit Clara Steinitz hatte Liebknecht Ende des 19. Jahrhunderts Morris’ Roman News from Nowhere – ein idyllischer Traum von einer zukünftigen Gesellschaft nach der kommunistischen Revolution – ins Deutsche übersetzt.

Der Text scheint zunächst von einem unbedeutenden Spaziergang zu handeln, aber schnell führt er zu merkwürdigen Beschreibungen und Gedanken. Ein vergessener Abschnitt des Romans, so heißt es im Manuskript. Vergessen von wem? Von William Morris? Von den Übersetzerinnen? Weder in den bekannten Veröffentlichungen noch in zugänglichen Handschriften von William Morris existiert eine solche oder ähnliche Passage.

Vergessen und dann ausgerechnet in Bullenhausen taucht dieses Fundstück wieder auf. Bullenhausen ist Teil eines Gebietes entlang der Süderelbe, das 2011 zur Freien Flusszone ausgerufen wurde. Till Krause ist bekannt für Projekte, die die Beziehung zwischen Stadt, Landschaft und gesellschaftlicher Nutzung untersuchen und nach Schlupflöchern in finanzialisierten Strukturen suchen. Die Freie Flusszone Süderelbe, 2011 von Krause initiiert, hinterfragt die wirtschaftliche Nutzung der Süderelbe und entwirft Visionen für eine alternative, gemeinschaftlich orientierte Landschaftsgestaltung – gepaart mit der These der hypothetischen Schließung für die Binnenschifffahrt.

Nach Bremen gelangt ist dieser Text anlässlich eines Spaziergangs im Bürgerpark, zu dem Annelie Käsmayr, Doris Weinberger und die GAK eingeladen hatten. Der Bürgerpark ist ein Ort an dem sich ähnliche Fragen stellen lassen. Wäre es möglich, die Bürgerweide wieder nahe ihrer alten Form und als Allmende zu renaturieren? Und neben dem größtenteils privat finanzierten, zur Erholung der Stadtgemeinschaft genutzten Park auch wieder einen gemeinschaftlich bewirtschafteten Stadt-Landraum zu visionieren, weiter gedacht unter dem Aspekt der universellen Gleichberechtigung und symbiotischen Aspekten von Menschen, Tieren und Pflanzen? Beim Lesen des Fundstücks lässt sich allemal ganz wunderbar darüber sinnieren.

Zunächst ein Geschenk für die Teilnehmer:innen des Spaziergangs, sind die verbliebenen Exemplare von Ein Fundstück nun als Edition zugunsten der GAK erhältlich.

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Till Krause
Ein Fundstück, 2023
5 A4-Blätter im Briefumschlag
C-Prints
Auflage 25, verfügbar 6
sign, dat. num.
Euro 250,– (inkl. Mwst.)

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