„Sie haben sich etwas erwartet.
Sie haben sich vielleicht etwas anderes erwartet.
(…)
Jedenfalls haben Sie sich etwas erwartet.
Allenfalls haben Sie sich das erwartet, was Sie hier hören.
Aber auch in diesem Fall haben Sie sich etwas anderes erwartet.“
(Peter Handke, Publikumsbeschimpfung, Frankfurt/Main 1981, S. 15)
Bezeichnend für die Gemälde von Sanya Kantarovsky (*1982 in Moskau, lebt in New York) ist ein Nebeneinander von abstrakten und gegenständlichen Elementen. So wird eine rein abstrakte Formenanhäufung durch die Einbeziehung einer einzigen, recht unscheinbaren Hand zum Bild eines Vorhangs oder eines Armes, lassen zwei simple, gekreuzte Linien ungegenständliche Anordnungen in Darstellungen von Fenstern und Türen kippen. Die figürlichen Elemente speisen sich dabei aus durchaus disparaten Quellen: Die Eleganz von Fred Astaire und Illustrationen in der Tradition des New Yorker stehen neben politischer Bildpropaganda des Sowjetrusslands der 1930er Jahre und dem Zeichnungsstil aus Kinderbüchern. Der melancholisch-untergründige Humor eines Franz Kafka bestimmt die Atmosphäre seiner Bilder ebenso wie eine durch den Strich vermittelte Leichtigkeit und eine sanfte Farbigkeit. Kantarovskys Gemälde sind vielfältige Organismen, die die Unterscheidungen zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, hoch und niedrig, formaler Leichtigkeit und inhaltlicher Schwere auflösen, indem sie sie präzise gesetzt gegeneinander ausspielen. Im ersten Moment erscheinen sie geradezu verführerisch zugänglich, um bei genauerem Hinsehen jegliche Vorgaben, wie die Dinge anzusehen und einzuordnen sind, außer Kraft zu setzen.
Für „You are Not an Evening“ hat der Künstler eine Serie neuer Gemälde geschaffen, die eher ein Vorher, Nachher, Dahinter und Dazwischen darstellen als das eigentliche Geschehen festzuhalten: Personen sind im Begriff, das Bild zu verlassen, wenden uns dabei den Rücken zu oder sind bereits zum großen Teil von der Fläche verschwunden. Sie starren gebannt auf etwas, was außerhalb unserer Wahrnehmung liegt. Oder abstrahierte Formen legen sich wie dunkle Wolken über die Erzählungen der Bildfläche… Für seine Malerei entwickelt Sanya Kantarovsky in der GAK eine Ausstellungssituation, in der eine blaue Glasfläche zum Blickfilter und eine lineare Skulptur zum Raum im Raum werden. Daneben integriert er einige seiner Bilder in einer labyrinthischen Struktur, die sich als ein Hybrid aus eigenständiger, skulpturaler Setzung und Ausstellungsdisplay erweist, auf die Besonderheiten der institutionellen Architektur reagiert, den Wahrnehmungsvorgang der Besucher/innen durch erzwungene Bewegung bewusst nachvollziehbar macht und die Präsentation als Theaterbühne inszeniert.
Sanya Katarovsky wurde 1982 in Moskau geboren, hat an der Rhode Island School of Design, Providence, und an der University of Los Angeles freie Kunst studiert und lebt in New York. Er hatte Ausstellungen bei LaxArt in L.A., in zahlreichen internationalen Galerien und hat im vergangenen Jahr die Gruppenausstellung Things, Words and Consequences im Moscow Museum of Modern Art kuratiert. Derzeit arbeitet er an einem Animationsfilm für LaxArt und entwickelt ein Projekt mit Frances Stark für die kommende Art Basel Features. „You are Not an Evening“ ist seine erste institutionelle Einzelausstellung in Europa.
Kuratiert von
Janneke de Vries
Jahresgabe
Veranstaltungen
Sa 25.05.13, 19 Uhr
Eröffnung
(Lange Nacht der Museen)
Do 06.06.13, 19 Uhr
Führung mit Janneke de Vries
Do 27.06.13, 19 Uhr
Prof. Michael Glasmeier: Andere Ateliers. Post Studio Art und Studiolo
Vortrag
Do 11.07.13, 19 Uhr
Jacques Tati: Playtime, 1967
Filmscreening
Do 25.07.13, 19 Uhr
Prof. Samuel Nyholm: Tweets From the Cave Wall
Vortrag (en)
Do 08.08.13, 19 Uhr
Sanya Kantarovsky: Moving Allegories
Animierte Kurzfilme
Do 22.08.13, 19 Uhr
Führung mit Sandra Hampe
Förderung
Der Senator für Kultur, Freie Hansestadt Bremen, Karin und Uwe Hollweg Stiftung
Besonderer Dank:
Sanya Kantarovsky dankt Nils Von Berg