Das Wissen scheint in unserer Gesellschaft eine eigenständige Kraft geworden zu sein, das ohne uns zu existieren scheint, die Wirtschaft antreibt, ja ganze Gesellschaften prägt. In der Tat hat sich die Soziologie schon seit langem mit dem Wissen auseinandergesetzt. Ganz im Unterschied zur philosophisch-erkenntnistheoretischen Tradition fasst die Wissenssoziologie das Wissen als ein grundlegend soziales Phänomen, als soziale Form des Sinns. In seiner sozialen Form ist das Wissen auch den gesellschaftlichen Strukturen und Machtprozessen unterworfen. Wie die neuere Wissenssoziologie zeigt, muss Wissen, damit es soziale Folgen hat und „wirklich“ werden kann, kommuniziert werden. Anhand eines kleinen empirischen Beispiels soll illustriert werden, wie die Kommunikation des Wissens als körperliche Performanz betrachtet werden kann. Das Wesen des Wissens, so lautet die Folgerung, liegt in der Form der Kommunikation.
Als Künstlerin beschäftigt sich Mariechen Danz mit Wissen in all seinen Facetten: sein Entstehen, seine Geschichte, seine Vermittlung, die mit ihm verbundenen Hierarchien, die Frage nach seiner Objektivität, unterschiedliche Wissensmodelle und –systeme. Der Untersuchungsgegenstand der Wissenssoziologie als Teilgebiet der Soziologie ist ein ähnlicher – grundverschieden sind jedoch die Methoden und Ergebnisse künstlerischer und wissenschaftlicher Forschung. Der Vortrag aus wissenssoziologischer Perspektive wird in spannungsvollem Bezug zur Ausstellung von Mariechen Danz stehen.
Prof. Dr. Hubert Knoblauch (*1959 in Friedrichshafen) studierte in Konstanz und Brighton. Er lehrte und forschte an verschiedenen Universitäten: 2000-2002 Professor für Religionssoziologie an der Universität Zürich. Seit 2002 Professor für Allgemeine Soziologie an der Technischen Universität Berlin. Forschungsinteressen in soziologischer Theorie, Wissens-, Kommunikations- und Religionssoziologie, Thanatologie, Videoanalyse und qualitative Methoden. Einschlägige Publikation: Wissenssoziologie. Konstanz: UVK 2005 (2. Aufl. 2010).
Ein Vortrag im Rahmen der Ausstellung „Mariechen Danz. cube cell stage“.