
Zum Abschluss der Ausstellung Scatter, no turn lädt die GAK ein zu einem Künstlerinnengespräch mit Nika Son. In ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung beschäftigt sich die Künstlerin und Musikerin mit Schlaflosigkeit im Spannungsfeld von Erschöpfung, Unruhe und Begehren. Abgesehen von vereinzelten Licht- und Bildelementen, untersucht sie in komplett verdunkelten Räumen die multisensorische Wahrnehmung sowie Formen von Manipulation, die angesichts überbordender Reize hochsensible Zustände hervorrufen.
Annette Hans: Zur Schlaflosigkeit hattest du geschrieben: „Wie jemand schläft oder nicht schläft, ist nicht zu trennen von der Welt, in der wir leben. In einer Welt, die aus ständigen Abfolgen des Produzierens und Konsumierens besteht, werden Schlaf und sein Entzug zunehmend politisch.“ Dabei muss ich neben der Durchkapitalisierung des Lebens auch an den feministischen Slogan der 1970er denken, „das Private ist politisch“. Wie näherst du dich dem Thema nun in der Ausstellung?
Nika Son: Ja das stimmt, der Slogan „das Private ist politisch“ hat definitiv eine relevante Bedeutung. Der Schlaf als private Erfahrung wird in dem Sinne politisiert, wenn er als Teil eines größeren gesellschaftlichen Systems betrachtet wird, das den Schlaf regelt oder unterbricht. Sehr viele Menschen leben nicht nach ihrem natürlichen Biorhythmus, sie passen sich dem gesellschaftlich verordneten System an bzw. müssen sich anpassen, um möglichst leistungsfähig zu sein.
Physisch und psychisch beschäftigen mich der Schlaf und die Nacht schon sehr lange. Zum einen leide ich seit meiner Kindheit an starker Insomnia (Schlaflosigkeit), gleichzeitig bin ich aber auch seit jeher ein Nachtmensch. Diese beiden Umstände sind in einer Welt, die sich vorwiegend tags abspielt, sich immer mehr beschleunigt und zu kürzen scheint, nicht unbedingt leicht zu bewältigen. In den letzten Jahren hatte ich mehr und mehr das Bedürfnis, mich ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen, ausführlicher künstlerisch mit dem Thema zu beschäftigen. Das Lesen des Buchs Fall of sleep von Jean-Luc Nancy war dabei sicherlich ausschlaggebend. Dort reflektiert Nancy unter anderem auch über den Schlaf als Grenzerfahrung. Als Rückzug aus dem Bewusstsein, in dem sich die Grenzen zwischen dem Selbst und der Welt aufzulösen beginnen. Nach genau diesem Auflösen sehne ich mich so oft.
Auch wenn ich nicht schlafen kann, gerate ich doch in einen anderen Zustand, es verschieben sich die Verhältnisse zu Zeit, Raum und das Existieren im Generellen. Solch philosophische Gedanken habe ich eher selten, wenn mich die Schlaflosigkeit mal wieder überfällt. Eher drehen sich Gedanken um die eigene Achse, der Kopf rotiert, Probleme und Sorgen, genauso wie Nichtigkeiten werden größer und aggressiver. Unüberbrückbar. Gleichzeitig kommen aber auch oft Erinnerungen oder mehr noch Erinnerungsfetzen hoch. Fragmentierte Gedanken und Bilder. Verzerrt und gerne auch im loop…
Diese und weitere Fragen werden Annette Hans und Nika Son in der Ausstellung miteinander und im Gespräch mit den Gästen diskutieren.
Im Rahmen der Ausstellung Nika Son: Scatter, no turn